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Italien nach der Wahl

Prof. Dr. Gian Enrico Rusconi zu Besuch im C·A·P-Forschungskolloquium

01.05.2006 · C·A·P



Der Turiner Politikwissenschaftler Prof. Dr. Gian Enrico Rusconi spricht im Forschungskolloquium des Centrum für angewandte Politikforschung über den Zustand des politischen Systems Italiens nach der Regentschaft Silvio Berlusconis.


Prof. Dr. Gian Enrico Rusconi und Prof. Dr. Werner Weidenfeld

In den letzten Wochen vor den Wahlen in Italien bestätigte sich eine Entwicklung, die sich schon über die vergangenen Jahre hinweg abgezeichnet hatte. Italien ist mehr als alle anderen Staaten in Europa eine Mediendemokratie. Durch eine Medienoffensive schaffte es Silvio Berlusconi quasi in letzter Sekunde, das Mitte-Links-Bündnis unter der Führung Romano Prodis nochmals in Schwierigkeiten zu bringen. Vor allem durch zwei Themen konnte Berlusconi bis zu einer Million Wähler für sich gewinnen: Einerseits kündigte er Steuersenkungen an, andererseits machte er Front gegen "die Linke" und appellierte an die antikommunistischen Gefühle eines Teils der italienischen Bevölkerung. Fehler und Versäumnisse seiner Regierung spielten in den Debatten der letzten Woche hingegen kaum mehr eine Rolle. Es gelang Berlusconi darüber hinaus, den Wahlkampf zu einem Plebiszit über seine Person zu machen. Es zeigte sich hier zweierlei: Zum einen gibt es keine Führungspersönlichkeit im Mitte-Rechts-Lager außer Berlusconi. Ohne ihn würde dieser Parteienverbund auseinander fallen. Zum anderen erwies sich, dass die Italiener zwar eigentlich nicht viel von Berlusconi erwarteten, in jedem Fall aber überzeugt waren, dass er keine neuen Steuern erheben würde. Von Prodi wurde vielleicht etwas mehr erhofft, hinsichtlich seiner Position in Sachen Steuern war man sich jedoch nicht sicher.

Eine nachhaltige Wirkung der Ära Berlusconi dürfte sich zudem in der politischen Kultur Italiens abzeichnen. Von Berlusconi und seinen Anhänger wurde unter dem Deckmantel von Liberalismus und freier Marktwirtschaft ein ausgeprägter Individualismus gefördert, der auch die Vertiefung sozialer Ungleichheiten in Kauf nahm. Es kam regelrecht zur Bildung zweier antagonistischer sozialer Blöcke entlang ökonomischer, regionaler sowie emotional-politischer Trennungslinien. Prof. Werner Weidenfeld, Direktor des C·A·P, verglich die von Prof. Rusconi geschilderte Situation Italiens mit der Deutschlands in den 1970er Jahren. In Deutschland wurden damals vehemente und emotional aufgeladene politische Kontroversen geführt. Heute finde man solche Auseinandersetzungen jedoch kaum mehr, die politischen Gruppierungen in Deutschland sind weit weniger ideologisch festgelegt.

Abschließend ging Prof. Rusconi auf die Aufgaben ein, die die Regierung Romano Prodis erwarten. So wird es der neuen Regierung zukommen, die Versöhnung zwischen den beiden politischen Lagern einzuleiten und an Stelle des "Gladiatorenstils", der die politische Auseinandersetzung in den letzten Jahren prägte, eine umgänglichere Form des politischen Diskurses einzuführen. Darüber hinaus hat Italien mit erheblichen sozialen und ökonomischen Problemen zu kämpfen. Zwar reden auch dort alle von Reformen, die staatlichen Handlungsmöglichkeiten sind allerdings beschränkt. Eine Anhebung der Steuern zur Sanierung des Staatshaushalts ist in jedem Fall nach dem Verlauf des Wahlkampfs keine Option. Besonders optimistisch sah Prof. Rusconi indes die außenpolitische Agenda der Regierung Prodi. Nach der Regentschaft Berlusconis sei eine Überarbeitung der italienischen Beziehungen zur Europäischen Union nötig. Romano Prodi bringe sehr gute Voraussetzungen für ein Gelingen dieses Unterfangens mit.


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