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SommerAkademie Europa 2003

Bericht über die SommerAkademie Europa des C·A·P, der Bertelsmann Stiftung und der Heinz Nixdorf Stiftung.

Die von Bertelsmann Stiftung und Heinz Nixdorf Stiftung veranstaltete SommerAkademie Europa fand dieses Jahr zum fünften Mal im oberbayerischen Kloster Seeon statt. 41 Nachwuchsführungskräfte aus Medien, Politik und Wirtschaft diskutierten vom 25. bis zum 29. August 2003 in sechs Plenumsdebatten und vier Arbeitsgruppen über die Themen "Europas Verfassung. Europas Zukunft", "Europäische Sicherheit und transatlantische Beziehungen in einer neuen Ära" und "Die EU in der Weltwirtschaft".

18.09.2003 · Bertelsmann Forschungsgruppe Politik




Alojz Peterle, Prof. Dr. Jürgen Meyer, Prof. Dr. Werner Weidenfeld
Foto: Bertelsmann Stitftung

Europäische Verfassung

Die Arbeit des Europäischen Konvents mündet in einen Verfassungsentwurf, der die EU zwar nicht grundlegend neu ordnet, aber ihr durch die Kodifizierung von Verfassungsqualität eine neue Dimension verleiht und sie der Finalität ein Stück weit näher bringt.

Im Panel mit Prof. Dr. Jürgen Meyer, Delegierter des Deutschen Bundestages im Europäischen Konvent, und Alojz Peterle, Mitglied des Präsidiums des Konvents, wurde festgestellt, dass der Konventsentwurf ein Kompromiss mit Mängeln sei, dennoch besitze er die Möglichkeit, dass aus der Wirtschaftsgemeinschaft EU auch eine Wertegemeinschaft werden könne. Am besten ließe sich der Prozess der Verfassungsgebung mit dem der Volljährigkeit vergleichen, der ja eine Entwicklung nicht beende, sondern lediglich eine gewisse Handlungsautonomie verleihe. Als großer Vorteil der Konventsmethode wurde auch gewertet, dass bereits im Vorfeld der faktischen Erweiterung Vertrauen zwischen alten und neuen Mitgliedern geschaffen worden wäre. Kritik erntete das Präsidium des Konvents: Die Person Giscard d'Estaing wie auch die Bestellung des Präsidiums selbst, nicht durch Wahl durch den Konvent, seien äußerst problematisch.

Die am 4. Oktober beginnende Regierungskonferenz wurde gewarnt, den Konventsentwurf anzurühren, da die Befürchtung herrscht, dass viele Mitgliedstaaten versuchen würden, das Kompromisspaket des Konvents aufzuschnüren und damit einen substanziellen Fortschritt gefährden würden.

Die Arbeitsgruppen bezeichneten das Konventsergebnis als labyrinthisch und zum Teil in sich widersprüchlich. So sei die Verfassung kein geeignetes Instrument zur Identitätsstiftung. Dies läge auch daran, dass die "Zwangsjacke" der Übernahme der hoch komplizierten Verträge die Verfassung präge. Der hehre Anspruch der Bürgernähe sei fraglich in einer Union der 25 oder sogar 28 Mitgliedstaaten.

EU-Zukunftsszenarien

Das Centrum für angewandte Politikforschung bringt sich mit neuen Arbeitsergebnissen in den europapolitischen Strategiedialog der SommerAkademie ein: Dieses Jahr standen die vom C·A·P entwickelten EU-Zukunftsszenarien im Mittelpunkt einer Debatte um die Entwicklungsmöglichkeiten der Europäischen Union nach Konvent und Regierungskonferenz. In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Fernsehen wurden die Zukunftsszenarien in einen Film umgesetzt, der die Debatte eröffnete.

Einige Teilnehmer hielten das Szenario "Supermacht Europa" in einer Zeitdimension von 50 Jahren für durchaus realistisch und unterstrichen, dass viele Jüngere ein quasi-staatliches Europa als Zielpunkt der europäischen Integration sähen. Kritik an diesem Modell wurde aber auch laut: Ein sich an den USA orientierendes "me, too"-Modell würde nicht den Charakteristika und Stärken der Europäischen Union gerecht werden.

In einer Probeabstimmung - nach Kriterien der Wahrscheinlichkeit und Wünschbarkeit - fand der pragmatisch angelegte "Offene Gravitationsraum" mit großer Mehrheit Zustimmung.

Europa und die USA

Im Panel mit Dr. Yves Boyer, stellvertretender Direktor der Fondation pour la Recherche Stratégique, Robert Cooper, Generaldirektor der Generaldirektion E - Außenwirtschaftsbeziehungen, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) beim Rat der Europäischen Union, und R. Nicholas Burns, US-Botschafter bei der NATO, stimmten die Diskutanten darüber ein, dass Europas Erfolgsstrategie für eine Neudefinition der transatlantischen Beziehungen lauten müsse: Gleichberechtigung mit den USA bei gleichzeitiger Herstellung einer den Vereinigten Staaten ähnlichen Fähigkeit, globale Sicherheit produzieren zu können. Basis dafür sei die enge Verbindung Europas und Amerikas durch die gemeinsame Geschichte und die Gemeinsamkeit von zentralen Werten, besonders der Demokratie.

Zwei Lager entstanden allerdings bei der Frage der konkreten Umsetzung, Organisation und Ausübung einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik: Die "Europäer" sahen eine in ihren Mitteln und Zielsetzungen von den USA autonome europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik als logisches Ziel der europäischen Integrationsdynamik an, während die "Atlantizisten" europäische Sicherheit nur im Kontext der transatlantischen Partnerschaft für realisierbar hielten und darauf hinwiesen, es sei das Selbstverständnis der Vereinigten Staaten, sich als europäischer Staat und europäische Macht zu betrachten. Demnach sei die Förderung der europäischen Integration im Interesse Washingtons. Die EU dürfe aber nicht zum sicherheitspolitischen Konkurrenten der NATO werden.


Auch Oskar Lafontaine, Bundesfinanzminister a.D. und ehemaliger Vorsitzender der SPD, referierte vor den Teilnehmern der SommerAkademie Europa 2003.
Foto: Bertelsmann Stitftung

Hintergrund

Die SommerAkademie Europa ist ein gemeinsames Projekt der Bertelsmann Stiftung und der Heinz Nixdorf Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Centrum für angewandte Politikforschung. Die SommerAkademie Europa fand dieses Jahr vom 25. bis zum 29. August 2003 statt und ist damit die fünfte Veranstaltung seit 1999. Ziel der Initiative ist es, jüngere Nachwuchsführungskräfte aus Politik, Wirtschaft und Medien in einen europapolitischen Strategiedialog einzubinden.


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